Kunst Arbeit

Peter Rohn - Vorwärmöfen
Peter Rohn - Vorwärmöfen im Walzwerk - 1976 - Öl auf Leinwand - 75x90 cm

Kunst Arbeit

Arbeit, insbesondere industrielle Arbeit, und Kunst sind für die meisten Menschen ein Gegensatzpaar, zu unterschiedlich sind ihre Arbeitsfelder, ihre Arbeitszeiten, die Orte ihrer Arbeit und nicht zuletzt die Umstände, unter denen Arbeiter und Künstler leben und arbeiten müssen. Klischees drängen sich auf. Industrielle Arbeit ist schmutzig, laut, gefährlich, körperlich anstrengend und von Schichtwechsel und Akkord geprägt. Aber sie wurde und wird durchaus gut bezahlt. Künstlerische Tätigkeit wird oft kaum als Arbeit wahrgenommen, malen erscheint vielen als ein eher privates Vergnügen.

Die Verbindung von Arbeit und Kunst ist abgesehen von Bestrebungen zu Beginn der Weimarer Republik vor allem ein DDR-Thema. Hier wurde nach dem Zweiten Weltkrieg die Kunst in den Dienst der „werktätigen Bevölkerung“ gestellt. Die Masse der Brandenburger Bevölkerung war schon in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in großen Industriebetrieben beschäftigt, in den Brennaborwerken, im Stahlwerk, arbeitete auf der Werft der Gebrüder Wiemann, der späteren Thälmann-Werft, bei dem Flugzeughersteller Arado, dem LKW - Produzenten Opel und im Handwerk. Zwischen den Kriegen wurden in der Stadt neben der schon länger betriebenen Textilindustrie Autos, Lastwagen, Eisenbahnen, Flugzeuge und Schiffe gebaut. Und doch war Brandenburg an der Havel beides, Arbeiter- und Künstlerstadt. Viele der hier tätigen Künstler genossen die Intimität und Überschaubarkeit der Stadt, ohne durch die Nähe zu Berlin von den Strömungen der aktuellen Kunstszene abgeschnitten zu sein. Berliner und Potsdamer Künstler wie Konrad Knebel und Peter Rohn malten in der Stadt, Brandenburger Künstlerinnen und Künstler wie Gertrud Körner, Curt Ehrhardt und Arnold Topp stellten in Berlin aus, viele wie Eduard Gaertner, Gertrud Körner, Paul Hildebrandt, Hertha und Lucie Bielefeld, Walter Garski, Horst Volkmann, Horst Wall, Hubert Globisch und Wilfried Schwarz haben in Berlin auch ihre Ausbildung absolviert.

Emil Spiess Brandenburger Industrielandschaft
Emil Spiess - Brandenburger Industrielandschaft - 1972/73 - Öl auf Leinwand - 125x169 cm

Im Zuge der Aufhebung bürgerlicher Trennlinien im Arbeiter- und Bauernstaat sollte nach dem Krieg in der DDR auch die Bildende Kunst nun Teil der Arbeiterwelt werden. Der sogenannte Bitterfelder Weg war ein wichtiger Meilenstein dorthin und wurde von vielen Künstlern genutzt. Über die Arbeiter- und Bauernfakultäten sowie Gasthörermöglichkeiten an Fach- und Hochschulen gelang vielen Quereinsteigern, aus ihrer Begabung einen Beruf zu machen. Daneben gingen akademisch ausgebildete Künstler in die volkseigenen Betriebe und dokumentierten dort nicht nur „Proletarier im Arbeitsprozess“, sondern waren zum Teil auch selbst dort „werktätig“. Beispiele für diese Biografien sind Gerhard Wolf, Günter Wermbter, Horst Volkmann und Peter Rohn. Die staatlich propagierte Kunstdoktrin hieß „Sozialistischer Realismus“, was viele Künstler nicht daran hinderte, ihrer eigenen Auffassung zu folgen, so dass sie über kurz oder lang mit den staatlichen Kunstfunktionären in Konflikte gerieten.

Peter Rohns Bilder aus dem Walzwerk in Kirchmöser bei Brandenburg sind Beispiele für typische Darstellungen der industriellen Arbeitswelt direkt aus dem Werk, die oft Auftragswerke waren. Der Maler hat hier aber seine surrealen Eindrücke von der Farbigkeit und Stimmung an den Arbeitsplätzen festgehalten und nicht den kämpferisch-zupackenden Arbeitertypus oder die Produktionssteigerung thematisiert. Die Anwesenheit von Arbeitern deutet er mit symbolischen Attributen in der Art von Stillleben an, zwei Kollegen im Hintergrund erscheinen nur durch eine Glasscheibe. Das war nicht im Sinne der Auftraggeber, und so wurden seine Bilder bei Ausstellungen des Öfteren aussortiert.

Für den Rat der Stadt Brandenburg/Havel schuf Peter Rohn 1959 eine Geschenkmappe mit zehn Holzschnitten für besondere Gäste der Stadt, wovon sich das vermutlich letzte Exemplar in seinem Besitz befindet. Gewünscht waren Bilder von der aufstrebenden Arbeiterstadt, die er allerdings mit aus dem Leben gegriffenen Motiven, Stadtansichten und Alltagsszenen mischte.